Bericht 2013

Sommerdiskurs aus Wirtschaft, Recht und Kultur 2013

31. Juli - 2. August 2013 | Strobl/Wolfgangsee

 

Mittwoch, 31. Juli 2013

Eröffnungsvortrag

Der Sommerdiskurs an der Sommerhochschule Wien wurde nun schon zum sechsten Mal abgehalten. Sie stand unter dem Generalthema: „Politik und Moral. Zur Ethik des Maßhaltens“ und zeichnete sich erneut durch seine Internationalität und Interdisziplinarität aus. Die Eröffnungsworte hielt Univ.-Prof. Dr. Franz-Stefan Meissel, Direktor der Sommerhochschule Wien. Er erinnerte daran, dass im letzten Jahr des Sommerdiskurs, der unter dem Thema „Bildung, Geist und Gesellschaft“ stand, die Diskussionen schnell in einer Wertedebatte mündete. In diesem Jahr sollte eine Vertiefung ermöglicht werden: „Wie ist die Wertedebatte in einer demokratischen Gesellschaft, einem säkularen Staat ausgestaltet?“. Diesem „heißen Eisen“ nahm sich Univ.-Prof. Dr. Magdalena Pöschl am Beispiel der Fortpflanzungsmedizin an, sie ist Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Wien. Die Vortragende war sich bewusst, dass Wertedebatten in säkularen Rechtsstaaten mit aller Hitzigkeit geführt werden und nicht selten in halbherzigen politischen Kompromissen enden. Bei diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) aus dem Jahre 1982 als inkonsistent und inkonsequent empfunden wird, und den  Vortragenden nach sogar Widersprüchlichkeiten zeigt: „Die Präimplanationsdiagnostik (PID) ist so gut wie verboten. Nach der Implantation der befruchteten Eizelle, ist die Pränataldiagnostik (PND) und der Schwangerschaftsabbruch bei embryopathischen Indikation hingegen unbefristet möglich.“ Explizit hingewiesen hat die Vortragende auf ein weiteres Problem: „Mit einem Natürlichkeitsargument wird die Eizellenspende nicht erlaubt, homosexuellen Paaren ist die Inanspruchnahme von medizinisch unterstützen Fortpflanzung gesetzlich nicht ermöglicht.“ Unnatürlich genug ist dem Gesetzgeber die Samenspende hingegen nicht, solange es zu einer Befruchtung in-vivo verwendet wird. Österreich hat im Vergleich zu anderen Staaten des Europarates die Fortpflanzungsmedizin sehr restriktiv geregelt.

Vorwürfe der Unsachlichkeit werden gefolgt von Gerichtsverfahren: Der VfGH musste sich auch mit der Frage der Samen- und Eizellenspende auseinandersetzen. Im Jahre 1999 entschied er, dass der Besetzgeber bei solchen heiklen ethischen Fragen einen entsprechenden Beurteilungsspielraum habe, der nicht überschritten worden ist. Die Rechtsfrage wurde auch an den EGMR getragen. Erst elf  Jahre später entschied die kleine Kammer und beurteilte das öst. FmedG für konventionswidrig. Die Bundesregierung brachte den Fall vor die große Kammer. „Erneut gezwungen zu diesem heiklen Thema Stellung zu beziehen, beurteilte der EGMR, dass das FMedG zum Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH grundrechtskonform war. Mangels europäischen Konsens im Jahre 1999 kann dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zugestanden werden.“ Österreich wurde jedoch eine Evaluierung der gesetzlichen Regelung empfohlen – eine rechtliche Beurteilung wurde nicht gefällt. „Vorhang zu und aus“, dramatisierte die Vortragende. Im Vergleich dazu beurteilte der EGMR ein absolutes Verbot der PID in Italien als unzulässig. Da nur drei Staaten ein ähnliches Verbot kannten, habe sich bereits ein Konsens entwickelt. Im Fall von Österreich lag bei ähnlicher Rechtslage von fünf Staaten des Europarates kein allgemeiner Konsens vor. Eine gewisse Ratlosigkeit bei Wertedebatten ist unübersehbar.“, fasste Univ.-Prof. Pöschl zusammen, „Der OGH legt beim VfGH die Frage der Verfassungsmäßigkeit vor, homosexuellen Paaren die medizinisch unterstütze Fortpflanzung gesetzlich zu verwehren. Der VfGH versucht das Minenfeld durch Zurückweisung aus formellen Gründen schnell zu verlassen, wurde aber neuerlich damit befasst; die Entscheidung ist noch offen. Die kleine Kammer des EGMR hat sich mit seiner Entscheidung elf Jahre Zeit gelassen. Die Instanzen versuchen die Entscheidung an andere abzutreten. Das FMedG ist bis dato unverändert geblieben.“ Man sucht verzweifelt nach Maßstäben.

Für einen säkularen und liberalen Rechtsstaat gilt, dass nicht die Freiheit begründungsnotwendig ist, sondern ein Verbot: in dubio pro libertate; ein Grundsatz, den bereits das ABGB 1811 gekannt hat“, erwähnte Univ.-Prof. Franz-Stefan Meissel bei der Eröffnung der Podiumsdiskussion, „jetzt ist er verfassungsgesetzlich gewährleistet“.

Zu Beginn meldete sich die Rechtsphilosophin ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Elisabeth Holzleithner vom Podium zu Wort: „Die Themen sind zwar sehr umstritten, Entscheidungen müssen aber her; man wendet sich an das Recht. Dort hat sich aber in den letzten 20 Jahren nichts getan.“ Dr. Peter Barth, leitender Staatsanwalt und Leiter der Abteilung für Personen-, Familien- und Erbrecht im Bundesministerium für Justiz und weiteres Mitglied des Podiums, gab einen kurzen Überblick über  den Werdegang von Reformen im Familienrecht, eine Reform des FMedG wird nach seine Einschätzung noch lange auf sich warten lassen. Ein politikwissenschaftliches Statement lieferte Dr. Michaela Mayrhofer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz. Ihr thematischer Schwerpunkt liegt bei den Biobanken. Sie erweiterte die Diskussion mit dem Begriff des „social freezing“ – der Fortpflanzungsvorsorge. „Soll auch einer Frau zur bloßen Karrieresicherung eine späte Schwangerschaft und Mutterschaft durch Eizellenentnahme und Einfrierung ermöglicht werden?“ Eine ebenso brisante wie offene Frage.

Aus dem Publikum meldete sich Univ.-Prof. Dr. Robert Rebhahn, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien. Er beklagt die Verarmung des Wertediskurses: „Die Gesellschaft erhofft sich Lösungen durch Gerichtsentscheidungen, auf eine intensivere Diskussion wird verzichtet.“ Univ.-Prof. Pöschl stimmt zu: „Die Entscheidungsfreiheit sollte an die Gesellschaft zurückgegeben werden.“ Dr. Roland Faber vom Bundeskanzleramt unterstützte diese Aussage: „Die Debatte muss zurück an die demokratische Gesellschaft und gehört ins Parlament.“ Dir. Dr. Thomas Neumann, Direktor der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, erwähnte die bessere und tiefergehende Diskussionskultur zur Fortpflanzungsmedizin in Deutschland, auch im deutschen Bundesrat und führte dies auf die größeren Ressourcen zurück, die in Deutschland zur Verfügung stehen. Nach Univ.-Prof. Pöschl hinkt Österreich im internationalen Vergleich mit dem Diskurs nach, denn Österreich beobachtet so lange, bis der experimentelle Charakter verloren ist. Dies gilt beispielsweise auch für das Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren.

 

Das Kunsthistorische Museum zu Gast am See

Zur Freude aller Teilnehmer des Sommerdiskurses war auch im diesen Jahr das KHM beim Sommerdiskurs präsent, um den akademischen Diskurs auch durch ein kulturelles Rahmenprogramm zu bereichern. In diesem Jahr, wurde die im Jahr 2013 neu eröffnete Kunstkammer des KHM durch den Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums Dr. Paul Frey präsentiert. Eine eigens für die Veranstaltung aufgebaute Installation bot einen spektakulären Panoramablick auf Wien und einen 3D Einblick in die Kunstkammer.

Zur Ethik des Maßhaltens fand Dr. Frey viele Worte: „Die Kunst wie auch der Küstler lebt von der Maßlosigkeit. Diese Maßlosigkeit wird ebenso durch die Kunstkammer verkörpert. In der Kunst finden sich auch nicht selten allegorische Darstellungen der Mäßigung. Auch die Räume der Kunstkammer sind geschützt durch eine solche allegorische Darstellung. Die Habsburger selbst haben die Mäßigung als „family brand“ eingeschrieben. Rudolf I galt als Mann des Maßvollen, fast 700 Jahre später wurde auch Kaiser Franz Josef vom selben Geist geleitet.

Ein kurzer Überblick über die Lebensgeschichte der ausgewählten Stücke der Privatsammlung der Habsburger wurde ebenfalls gegeben, sowie eine beeindruckende Beschreibung der Stücke selbst. Unter ihnen auch das mit Abstand berühmteste Salzfass der Welt: die Saliera.

 

Donnerstag, 1. August 2013

Nachhaltiger Sozialstaat

Am Donnerstag Vormittag drehte sich alles um das Thema des „Nachhaltigen Sozialstaates und die Suche nach dem richtigen Maß.“

Die Thematik wurde anhand von  fünf Impulsstatements unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr. Robert Rebhahn, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien, erörtert.

Im Podium saßen: Dr. Rolf Gleißner, stellvertretender Abteilungsleiter der WKO der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit, Dipl-Ing. Johannes Berger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der EcoAustria, Dr. Josef Wöss, Leiter der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer Wien, Univ.-Prof Dr. Walter Schrammel, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien,  sowie Dir. Dr. Thomas Neumann, Direktor der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft.

Nach einer kurzen Vorstellung des Podiums begann Dr. Gleißner mit seinem  Impulsstatement zum Thema „Maßhalten des Staates“. Dabei behandelte  er die Frage, wie maßvoll der Sozialstaat Österreich ist und in welchen Bereichen das Maß überschritten wird, wobei er vor allem auf das viel diskutierte Pensionsantrittsalter in Österreich einging. Insbesondere in diesem Bereich sah er das Maß überschritten, hier seien die Staatsausgaben zu hoch und auch die vielen Novellen der letzten Jahre hätten nicht gereicht, um auf den richtigen Weg zurückzukommen.  Abschließend stellte Dr. Gleißner fest, dass Österreich im Großen und Ganzen zwar gut gestellt sei, in einigen Bereichen das sinnvolle Maß aber durchaus überschritten werde. Direkt im Anschluss ergriff Dipl.-Ing. Berger das Wort, er referierte zum Thema „Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen: Implizite Staatsverschuldung.“ Er stellte hierfür das Schulden-Check-Modell der EcoAustria vor. Dabei wird die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen analysiert, indem Ausgaben und Einnahmen in die Zukunft projiziert werden und zum einen Annahmen über künftige Trends, zum anderen non-policy-change Annahmen getroffen werden. Dipl.-Ing. Berger wies auf erhebliche Nachhaltigkeitslücken hin und darauf, dass es eine wesentlich stärkere Steigung der Ausgaben als eine solche der Einnahmen gäbe. Er sprach sich in seiner Conclusio dafür aus, die Fiskalpolitik verstärkt zukunftsorientiert auszurichten  und finanzielle Nachhaltigkeit in den Bereichen Pensionen, Gesundheit und Pflege sicherzustellen, sowie  dafür, den Anteil der öffentlichen Investitionen an den Gesamtausgaben zu erhöhen und das Abgabeniveau zu verringern.

Als dritter Redner sprach Dr. Wöss über „Werte der Solidarität.“ Er zählte zu anfangs vier  Funktionen des Sozialstaates auf, die den sozialen Schutz darstellen und mit Teilhabechancen für alle Beteiligten  in der Gesellschaft eng verbunden sind: die Wohlstandsschaffung, die  Produktivität, eine faire Verteilung dieses erarbeiteten Wohlstandes und die Stabilisierung in Krisenzeiten. Dr. Wöss sah, im Gegensatz zu seinen Vorrednern, weniger große Probleme in der langfristigen Finanzierbarkeit des österreichischen Alterssicherungssystem und sprach sich für die Sinnhaftigkeit eines öffentlichen Alterungssicherungssystems vor allem aufgrund der steigenden Arbeitsproduktivität aus, wie man es in Österreich vorfindet.

Als nächstes sprach Univ.-Prof Dr. Schrammel über „Die Neuregelung der Invaliditätspension.“ Zum Einstieg erklärte er allgemeines zur Invaliditätspension und räumte mit dem Gerücht auf, dass es in Österreich ein Leichtes sei zu unrecht eine solche zu beziehen. Er sprach in der Folge darüber, dass die Vergleichbarkeit von Berufen gesunken sei, weshalb vom Gesetzgeber eine erhöhte Verpflichtung zu Umschulungen normiert wurde idS, dass ein Antrag auf Invaliditätspension nun gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation gilt. Das Problem sah Univ.-Prof Dr. Schrammel hier vor allem darin, dass diese Methoden häufig nicht ausreichten und beispielsweise der Zugang zu allfällig nötigen Psychotherapien sehr schwer sei.

Abschließend trug Dir. Dr. Neumann zum Thema „Gesundheitsvorsorge: Neue Experimente – Erste Erfahrungen“ vor. Er sah vor allem im ungehinderten Zugang zu der teuersten Versorgungsebene, sprich häufige Krankenhausaufenthalte, einen maßlosen Umgang mit Ressourcen. Als Maßvoll, wenn nicht schon als restriktiv bezeichnete er beispielsweise den Zugang zu Psychotherapien, Physiotherapien, Ergotherapien etc. Er stellte ein neues Experiment der SVA vor, Vorsorge mit einem finanziellem Anreiz zu verknüpfen. Dabei können Patienten ihren Selbstbehalt reduzieren, indem sie zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und fünf  individuelle Gesundheitsziele erreichen. Dir. Dr. Neumann berichtete von bisher sehr erfreulichen Ergebnissen.

Im Anschluss folgte eine kurze Podiumsdiskussion.   Dr. Wöss wiesu.a. auf die fehlende Besteuerung von Vermögen in Österreich und eine dadurch unfaire Einnahmenverteilung hin und bemerkte, dass man bei der Verschiebung von Arbeits- und Transferzeiten nicht nur von Pensionen sprechen dürfe, sondern auch Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen sei.  Dipl-Ing. Berger, betonte, dass er in seinen Annahmen nicht pessimistisch, sondern optimistisch kalkuliere und Dr. Gleißner, fügte hinzu , dass Österreich kein Einnahmenproblem habe sondern auf die Ausgabenseite geschaut werden müsse und hielt der Stellungnahme von Dr. Wöss die geringe Arbeitslosenzahl in Österreich entgegen. 

In der anschließenden offenen Diskussion wurden diverse Fragen gestellt, Denkanstöße gegeben und bisher Gehörtes vertieft, wobei unter anderem die Themen Generationenkonflikt, Unsicherheiten bei langfristigen Prognosen, die Integration ins Erwerbsleben von Menschen mit Migrationshintergrund, die Verteilung der Einnahmen und vermögensbezogene Steuern und das „Alter als Risiko“, sowie mögliche Folgen einer Anhebung des Pensionsalters diskutiert wurden.

Die angeregte Diskussion endete mit dem Statement von Univ.-Prof. Dr. Robert Rebhahn, am wichtigsten sei die Bereitschaft, sich selbst nicht der Selbsttäuschung hinzugeben.

 

Wissensproduktion zwischen Competitivity und Prekariat

Am Nachmittag des 1. August fand zum ersten Mal im Rahmen des Sommerdiskurses ein Workshop statt. Themen waren Universitätskarrieren in Österreich, es wurde nach dem Zusammenhang zwischen Competitivity und Prekariat gefragt. Geschäftsführer des WWFT Dr. Michael Stampfer führte durch den Nachmittag: Nach vier Impulsreferaten wurden Arbeitsgruppen gebildet, die einzelne Fragen diskutierten, um anschließend die Ergebnisse der Diskussion sämtlichen Teilnehmern zu präsentieren und abschließende Bemerkungen aus dem Publikum zu ermöglichen.

Sektionschef der Hochschulsektion im BMWF Mag. Elmar Pichl hielt das erste Impulsreferat und merkte einführend an, dass die Themen Personal- und Karriereentwicklung sowie die Problematik der Nachwuchsförderung erst kürzlich in den Fokus der Diskussion gerieten. Grund war, dass es in der Anfangsphase nach der Umstellung auf das Universitätsgesetz 2002 wichtigere Herausforderungen gab, insbesondere die Übernahme der Bologna-Architektur sowie der enorme Anstieg der Studentenzahlen.

Nun seien die Workshopthemen in zahlreichen hochkarätigen Plattformen, etwa dem Forum Alpbach, dem Wissenschaftsrat sowie der Akademie der Wissenschaften, kontrovers diskutiert und erörtert worden. Sektionschef Mag. Pichl erläuterte die Veränderungen seit dem Inkrafttreten des UG 2002. Diese seien durchwegs positiv gewesen. Er bemerkt u.a. eine Verbesserung der Qualität der Lehre, mehr Forschungsoutputs und ein höheres Uni-Budget. Eine wesentliche Veränderung war auch, die enorme Zunahme der Anzahl drittmittelfinanzierter Wissenschafter, den Sektionschef Mag. Pichl zwar grundsätzlich begrüßt, der jedoch zahlreiche Fragen aufwirft. Zum Stichwort Prekariat merkte er an, dass die Gehälter des Universitätspersonals angemessen seien, die Befristungen der Arbeitsverträge jedoch problematisch seien.

Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann bezeichnete die Lage junger Wissenschafter als “ernst aber nicht hoffnungslos“. Der Karriereweg eines Jungwissenschafters sei härter als vor einigen Jahrzehnten. Das UG 2002 mit dem zugehörigen Kollektivvertrag hätte jedoch eine erhöhteTransparenz und erlaube wesentlich mehr Absolventen als je zuvor eine Anstellung als Forscher an der Universität zu erhalten. Positiv bemerkte er, dass der Kollektivvertrag der Universität Wien sogenannte Laufbahnstellen erlaubt habe, die objektiv bedarfsorientiert geschaffen würden und jungen Wissenschaftern eine planbare Karriere ermöglichen.

Univ.- Prof. Dr. Walter Schrammel konnte Vizerektor Prof. Dr. Faßman nicht zustimmen und sah zahlreiche Probleme bei der Rechtslage und deren Interpretation durch die Universität Wien. Der Kollektivvertrag ermögliche weder Professoren noch Wissenschaftern, ihre Karriere zu planen und erlaube den Professoren nicht, ihren Assistenten Perspektiven zu bieten. Die gängige Praxis, Prae-Doc-Assistenten als Teilzeitbeschäftigte anzustellen führe zu äußerst geringen Nettoeinkommen. Die Umverteilung der Entscheidungsbefugnis zugunsten des Rektorats durch das UG 2002 sieht Schrammel ebenfalls als problematisch.

Rechtsanwalt Dr. Roland Gerlach erläuterte, warum die Universität als Arbeitgeber an Attraktivität verliere. Durch niedrige Löhne, unflexible Verträge, geringe Aufstiegsmöglichkeiten und insbesondere das Befristungsregime der Dienstverträge setze die Universität falsche Signale an Wissenschafter. Er erklärte, dass ein Betrieb von der Größe der Universität Wien in der Privatwirtschaft in zahlreiche rechtlich selbständige Einheiten untergliedert würde, somit hätten die Fakultäten und Institute eine größere Flexibilität. Als Positiv unterstrich er dass, aus seiner Perspektive als Rechtsanwalt, ehemalige Assistenten besonders umkämpfte Arbeitskräfte sind.

In der anschließenden Fragerunde wurden einige Aussagen präzisiert. So hob RA Dr. Gerlach hervor, dass die Universität noch immer, vor allem für besonders junge Absolventen ein attraktiver Arbeitgeber ist. Der Terminus Prekariat wurde in Frage gestellt und es wurden einige Aspekte der Drittmittelfinanzierung erläutert.

Für die anschließende Diskussion wurden drei Kleingruppen gebildet. Eine von Univ.-Prof. Dr. Schrammel und RA Dr. Gerlach geleitete Gruppe beschäftigte sich mit der Universität als Arbeitgeber sowie den Vor- und Nachteilen einer Anstellung als Wissenschafter an der Universität. Gruppendiskussion. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Universität längerfristig keine Perspektiven bietet, allerdings zumindest in einigen Disziplinen als Karrieresprungbrett gelten könne. Das derzeitige System erlaube den einzelnen Instituten die Möglichkeit, eine große Anzahl an Mitarbeitern zu beziehen, allerdings könne der Vorgesetzte diese über die Befristung hinaus  nicht fördern.

Die von Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Faßmann geleitete Gruppe fragte nach dem Profil eines idealen Jungewissenschafters und danach, was man dem idealen Wissenschafter bieten müsse, damit er die Universität als Arbeitgeber in Erwägung zieht. Univ-Prof. Dr. Vocelka kritisierte das derzeitige  Befristungssystem, da es „Wegwerfmenschen“ produziere, womit er anmerken wollte,gemeint ist, dass wissenschaftliches Personal ausgebildet werde, um anschließend fallen gelassen zu werden. In diesem Zusammenhang  wurde über Alternativen zur Befristungspolitik gesprochen..

Die von Sektionschef Mag. Univ.-Prof. Pichl geleitete Gruppe fragte nach dem Proprium der Universität und definierte diese anschließend: Die Universität zeichne sich durch eine untrennbare Einheit der Lehrenden und Lernenden aus, bietet ein Regelstudium in der Gesamtheit, von Bachelor bis Doktorat, fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Da Universitäten nicht abwandern sind sie eine dauerhafte Institution und mit einer bestimmten Region verbunden.

Zum Abschluss der Veranstaltungen äußerten einige Teilnehmer des Workshops ihre Wünsche und Anregungen hinsichtlich der Universität. Die Universität solle ehemalige Assistenten wertschätzen und fördern, Kontakt zu ihnen behalten und, wenn sich die Gelegenheit bietet, Kooperationsverträge mit ihnen schließen. Weiter wurde der Wunsch geäußert, die Universität solle Mitarbeitern eine berufliche Zukunft an der Universität bieten, die ohne die Faktoren Glück und Zufall auskommt und dementsprechend planbar ist.

 

Intercultural Competence: What, Why and How?

Ebenfalls am Nachmittag des zweiten Tages wurde ein weiterer Workshop angeboten: Prof. Dr. Victor Savicki, Mitglied des „Outcomes, Assesment, and Research Committee oft he Forum on Education Abroad“ leitete den Workshop über Intercultural Competence.

Prof. Dr. Savicki, der mehrere Jahre an der Western Oregon University unterrichtete, eröffnete seinen Workshop mit der Präsentation eines Bildes, auf dem eine Frau im Bikini und Sonnenbrille und eine Frau in einer Burka abgebildet waren. Beide Frauen hatten den gleichen Gedanken, wobei die leicht bekleidete Frau die Gesellschaft als „gemeine Männerwelt“ bezeichnete, da nur die Augen der vermummten Frau zu sehen waren, die verschleierte Frau kam zur gleichen Schlussfolgerung, allerdings aufgrund der Tatsache, dass außer den Augen nichts bedeckt war.

Prof. Dr. Savicki zeigte auf, dass die meisten Menschen Kultur mit Essen, Musik, Sprache und Kleidung in Verbindung bringen, obwohl Kultur viel tiefer gehe und unter anderem auch Religion, Freundschaft und Werte miteinbeziehe. Menschen verinnerlichen die eigene Kultur ein Leben lang, würden dabei aber auch von äußeren Einflüssen, wie z.B. Politik und Schule, beeinflusst.

Um für interkulturelle Kompetenz offen zu sein, müsse man gewisse Charakterzüge besitzen. Neben Einfühlungsvermögen, Toleranz und Akzeptanz, gelte es vor allem notwendig Respekt und Flexibilität zu verinnerlichen.

Interkulturelle Kompetenz entwickelt sich durch Erfahrungslernen. Der Kreis  des Erfahrungslernens beginne mit einer konkreten Erfahrung, die im nächsten Schritt von der Person, die diese Erfahrung gemacht hat reflektiert werde. In einem weiteren Schritt des Durchdenkens und Reflektierens der Geschehnisse eigne sich die Person neues Wissen an und könne nun dieses Wissen in einer neuen Situation anwenden.

Nach der interessanten Einführung, wurden die Zuhörer gebeten ihre Nationalität auf einen Zettel zu schreiben, sich einen Partner mit anderer Nationalität zu suchen und dann ein anderes Paar auszumachen, das wiederum aus anderen Ländern stammt. Diese vierer Gruppen sahen nun einen Videoclip, in welchem Renée Zellweger als Gast einer Talk-Show über ein kulturelles Mißverständnis berichtet. Die Teilnehmer wurden nun dazu angeregt zu diskutieren, wie Renee Zellweger den Zirkel des Erfahrungslernens durchlaufen hat und wie sie in Zukunft in einer ähnlichen Situation reagieren wird.

Prof. Dr. Savicki führte weiters aus, dass kulturelle Werte von großer Bedeutung seien, da sie Antworten auf gewisse Fragen liefern, durch schwierige Situationen führen und ein bestimmtes Verhalten vorgäben. Mit Hilfe der Untersuchungen von Trompenaars und Hampden-Turner zu „Cultural Value Dilemmas“ brachte Prof. Dr. Savicki den Teilnehmern die Unterschiede von kulturellen Werten näher. Die Teilnehmer hatten verschiedene Sachverhalte und jeweils drei bis vier Antwortmöglichkeiten vor sich liegen und mussten sich jeweils für eine Antwort entscheiden. Im Raum waren vier  Standorte markiert, zu denen sich die Teilnehmer begeben sollten, je nachdem, welche Antwort sie gewählt hatten. Daraufhin entstand nach jeder Frage eine anregende Diskussion zwischen allen Teilnehmern, warum die jeweilige Antwort gewählt wurde. Die Fragen waren auf diversen kulturellen Werten aufgebaut. Die erste Frage bezog sich auf „Universalism vs. Particularism“. „Universalism“ herrsche vor allem in den USA und Kanada vor und beschreibt, dass die Bevölkerung den Fokus auf Regeln und nicht auf persönliche Beziehungen lege. Im Gegensatz dazu legen Menschen im „Particularism“ den Fokus auf persönliche Beziehungen und nicht auf Regeln. Die zweite Frage zeigte auf, dass beim „Individualism“ einzelne Personen die Entscheidungen treffen und dies sehr schnell passiere. „Communitarianism“ hingegen beschreibt, dass Entscheidungen an eine Gruppe abgegeben werden und diese eine gemeinsame Entscheidung trifft und kann vor allem in Japan beobachtet werden. Weiters, wurde der Unterschied zwischen dem kulturellen Wert „Neutral“ – das Volk zeigt seine Gefühle selten und bleibt kontrolliert – und  „Affective“ – das Volk zeigt sofort seine Gefühle auf verbale und  non-verbale Weise –  aufgezeigt. Während in den USA für alles Patz ist und alles seinen Platz hat und man bei Geschäftsgesprächen direkt zum Punkt kommt („Specific“), wird in China alles mit allem verbunden und zuerst eine Beziehung aufgebaut, bevor Verträge abgeschlossen werden („Diffuse“). Die letzte Frage verglich „Achievement“ und „Ascription“. In Norwegen und den USA wird der persönliche Status aufgrund von Leistung definiert („Achievement“), während in Österreich und Spanien der persönliche Status vor allem durch das Alter, Geschlecht und die Bildung definiert wird.

Prof. Dr. Savicki beendete den Workshop, in dem er die Teilnehmer noch einmal dazu anregte über kulturelle Unterschiede nachzudenken und zu überlegen, warum es zwischen manchen Ländern zu so großen Differenzen kommt.

 

Kammerkonzert

Traditionell ist beim Sommerdiskurs bereits das Kammerkonzert mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker. Auch heuer reiste das Streichquartett um Daniel Froschauer, Marian Lesko (Violine), Wolf Dieter Rath (Viola) und Raphael Flieder (Violoncello) nach Strobl um vor Teilnehmern des Sommerdiskurses und Studenten der gleichzeitig stattfindenden Sommerhochschule zu spielen. Das Programm umfasste dreihundert Jahre Musikgeschichte von Johann Pachelbel bis hin zu Johan Halvorsen. Ebenso erklangen heimische Tonschöpfer wie W.A.Mozart, Joseph Haydn und Franz Schubert. Besonders erfreulich war die Anwesenheit von Marina Mahler, Enkelin des bedeutenden Komponisten und Dirigenten, an ihrem Geburtstag. Als Präsent und Dank für die Unterstützung des Sommerdiskurses widmeten Daniel Froschauer und seine Musikerkollegen Franz Schuberts Quartett „Der Tod und das Mädchen“ dem Ehrengast. Der  anhaltende Applaus der  Studenten aus der ganzen Welt und Teilnehmern des Sommerdiskurses wurde mit einer Zugabe belohnt.

 

Freitag, 2. August 2013

The European Quest for Stability in Turbulent times – The Complementarity of Monetary and Banking Union

Am letzten Tag des Sommerdiskurses referierte Hon.-Prof. Dr. Aurel Schubert, Generaldirektor Statistik der Europäischen Zentralbank in Frankfurt über das europäische Streben nach Stabilität in Krisenzeiten und der Vereinbarkeit bzw Ergänzung von Währungs- und Bankenunion. Nach nunmehr fünf Jahren globaler Wirtschafts- und Finanzkrise ist es umso mehr die Aufgabe der EZB, Stabilität herzustellen und zu garantieren. Es gelte, so Schubert, den Blutkreislauf des Bankensystems – Liquidität – zu garantieren, wobei deren bloße Verfügbarkeit nur Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Kreislauf sein kann. Unzureichende Aufsichtsmaßnahmen während der Krise zwangen die EZB im Kampf gegen die Krise zum Handeln. Nach einem fundierten Überblick und Rückblick auf den bisherigen Krisenverlauf zeigte Aurel Schubert einen Teufelskreislauf auf: Bankenkrise, Fiskalkrise, Wachstumskrise. Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Einstieg erfolgt, finden viele Staaten keinen Ausweg. Genau diesen Kreislauf möchte die EZB mit dem SSM durchbrechen. Da die Krise europäische Länder verschieden hart traf, seien maßvolles und auf einzelne Problemkreise abgestimmtes Handeln gefragt. Er gewährte den Teilnehmern des Sommerdiskurses einen Einblick in das Funktionieren des Finanzmarktes, der vor allem durch die Erwartungen der Akteure geprägt wird. Aktuell gilt der Blick den sogenannten „Zombiebanken“, welche weder gesund genug sind, um an Unternehmen und Haushalte Kredite zu vergeben, aber auch nicht dermaßen angeschlagen sind, um letztendlich zu kollabieren. Als eine der Hauptlehren aus der Krise nannte der Generaldirektor der Abteilung Statistik der EZB, dass der Gesamtüberblick fehlte. So wurden systemische Risiken nicht erkannt und präventive Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig ergriffen. Dem soll nun mit einem European Systemic Risk Board entgegengesteuert werden. Doch nicht nur der Makroblick fehlte, auch am detaillierten Mikrolevel gab es Defizite. Hierzu gab Aurel Schubert Einblick in ein neues Instrument der EZB, dem Single Supervisory Mechanism (SSM), welcher eine gemeinsame, europaweite Bankenaufsicht zum Inhalt hat. Europäisches Geld helfe in der Krise, um den Teufelskreislauf zu durchbrechen, allerdings müsse damit eine hinreichende Aufsicht einhergehen. Die Stabilität, welche die EZB garantiert, sei also Voraussetzung für das Maßhalten, besonders in der Finanzwelt.

Einer der Podiums- Diskutanten, Hon. Prof. Dr. Wilfried Stadler, ehemals Vorstandsvorsitzender der Investkredit und nunmehr selbständiger Bankenkonsulent dankte dem Initiator des Sommerdiskurses, Univ.-Prof. Dr. Franz-Stefan Meissel, für dessen Courage, „Banker“ einzuladen. Ebenfalls mit dem Publikum und Vortragenden diskutierte em. Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Georg Winckler, langjähriger Professor für Volkswirtschaft und Rektor der Universität Wien, nunmehr im Aufsichtsrat der Erste Bank und Uniqa. Er mahnte, auch im europäischen Rahmen nationale Interessen nicht zu vergessen. Als Mann der Praxis konnte er von ausufernder Bürokratie berichten. So finden sich Aufsichtsräte in Situationen wieder, in denen gesetzeskonformes Handeln einerseits gleichzeitig rechtswidriges Handeln andererseits bedeutet. Diese Probleme gelte es zu lösen. Man dürfe überdies nicht auf jene Staaten vergessen, welche nicht Mitglied des Euroraumes seien. Im Idealfall wird der Markt verlangen, so Schubert, dass sich auch Nicht-Euro-Staaten dem SSM unterstellen.

Weiters kam in der von Univ.-Prof. Dr Werner Neudeck geleiteten Diskussion zu Tage, dass es an weltweitem Zahlenmaterial, um bessere Prognosen treffen zu können, nicht mangelt. Das Podium war sich einig, dass es wichtig ist, zu wissen, auf welche Zahlen man achten muss. So kann bloßes Zahlenmaterial menschliche Erfahrung nicht ersetzen. Damit geht die Forderung nach einem gewissen Grad an Standardisierung einher.

Mahnendes Schlusswort der Diskutanten: Die nächste Krise wird kommen, wir wissen nur nicht wo und wie.

 

Zwischen gläsernem Menschen und Datenmüll – Zum Maßhalten beim Umgang mit Daten und Informationen

Der abschließende Nachmittag des Sommerdiskurses war auch 2013 traditionellerweise wieder dem Themenkreis der Informationstechnologie gewidmet. Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Forgó konnte ein hochkarätiges Panel im Bürglsaal begrüßen. Das stringente Programm erhielt durch die jüngsten Enthüllungen rund um den US-Auslandsgeheimdienst besondere Aktualität. Diese Ereignisse ließen nämlich das Datenschutzrecht, das im Moment auf EU-Ebene diskutiert wird, in das Zentrum des Interesses rücken.

Den Anfang machte Jan Philipp Albrecht, der als Mitglied des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für die EU-Datenschutzverordnung einen Einblick in die rezenten Entwicklungen auf diesem Gebiet gab. Überwachung der Kommunikation, insbesondere im Internet, sei heutzutage bereits problemlos möglich. Dies gibt der Ansicht von bekannten Philosophen und Soziologen, dass schon das Bewusstsein, überwacht werden zu können, das Individuum diszipliniert, besonderes Gewicht. Der Gesetzgeber hatte die Gefahren schon während des letzten Drittels des 20. Jahrhundert erkannt, was die seit 1970 in Europa erlassenen Datenschutzgesetze zeigen. Vorläufiger Höhepunkt dieser gesetzgeberischen Tätigkeit vor dem Siegeszug des Internet war die EG-Datenschutzrichtlinie von 1995. Nach dem Wandel der Telekommunikation seit den späten 1990er Jahren steht jedoch der Gesetzgeber heute vor neuen Herausforderungen: Die Digitalisierung bedeutet eine unrückholbare, grenzüberschreitende Verewigung von Daten, die in oft nicht fehlerfreien Systemen verarbeitet werden. Die laufende Reform des Datenschutzes in Europa läuft deswegen seit 2009 und hat nach einem ersten Meilenstein, dem Albrecht-Bericht im Europäischen Parlament bereits Konturen angenommen. Die Eckpfeiler der Reform werden Probleme wie eine Bestimmung des sachlichen und räumlichen Anwendungsbereichs ebenso ansprechen wie die Prinzipien des Datenschutzes, insbesondere bei heiklen Themen die Verwendungserlaubnis oder dem Streben nach Datenminimierung. Der Gesetzgebungsprozess soll, so Albrecht, möglichst noch vor den Wahlen zum EU-Parlament im Mai 2014 abgeschlossen sein. Da aber die Politik immer zahlreiche Unwägbarkeiten enthalte könne man dies nicht mit Sicherheit annehmen.

Im ersten Impulsreferat nach der Keynote gab Ministerialrätin MMag. Dr. Waltraut Kotschy Antworten auf die Frage, was sich in Österreich ändern würde, falls die EU-Datenschutzverordnung erlassen werden würde. Es gebe, so Dr. Kotschy, in einigen bedeutenden Punkten Unterschiede zum derzeit in Österreich geltenden Datenschutzrecht. Fragen des Geltungsbereichs, der Ausnahmen für Polizei und Strafjustiz, die sogenannte Haushaltsausnahme sowie Definitionsprobleme werden in der EU-weiten Regelung anders normiert werden. Weiters müsse man das Internet als neues Phänomen mit neuen Mitteln in den Griff bekommen. So könnten etwa die Suchmaschinen vom Gesetzgeber verstärkt in die Pflicht genommen werden.

Mag. Dr. Gregor König, der Leiter der Geschäftsstelle der Datenschutzkommission, steuerte den Standpunkt eines Praktikers bei einer Kontroll- und Aufsichtsbehörde bei. Zwei Phänomene seien in den letzten Jahren zu beobachten, nämlich der vermehrte Datendurst von Unternehmen und von Staaten. Dabei werde im Spannungsfeld von Sicherheit und Privatsphäre der Sicherheit stets der Vorrang eingeräumt. Dr. König gab weiters einen Überblick über die Tätigkeit der Datenschutzkommission, die mit ihren ex post und ex ante Kontrollen sowie dem Ombudsmannverfahren eine Sicherstellung des Datenschutzes in Österreich anstrebt. Abschließend gab der Referent einen Überblick über die im Rahmen der Verwaltungsreform auf die Datenschutzkommission zukommenden Änderungen.

Das abschließende Referat von Dr. Klaus Steinmaurer, dem Leiter des Rechts- und Regulierungsbereichs bei T-Mobile Austria, beleuchtete die Datenschutzfrage aus der Perspektive eines großen Telekomunternehmens. In der Anfangszeit des Unternehmens gab es zahlreiche Unklarheiten von Seiten der Behörden, wie und ob ein privates Unternehmen Daten weitergeben dürfe, erst 1997 wurden die Mitwirkungspflichten geregelt, jedoch nicht abschließend. Die Ereignisse rund um den 11. September bewirkten dann eine Intensivierung der gesetzgeberischen Tätigkeit bis hin zur Vorratsdatenspeicherung. Im Lichte des kürzlich aufgekommenen Skandals ist laut Dr. Steinmaurer festzuhalten, dass die Informationsgesellschaft hin zu einer datensammelnden Gesellschaft bewegt. Alles, was über das Internet läuft, sei nicht kontrollierbar und werde eventuell von Unbekannten gespeichert, so zum Beispiel die Nachrichten, die über Whatsapp versendet werden, während SMS vom Mobilfunkbetreiber gelöscht würden. In der folgenden, regen Diskussion griffen Podium und Publikum noch zahlreiche Punkte dieses interessanten Themas auf.

 

Lesung Vea Kaiser

Den letzten Abend des Sommerdiskurses 2013 rundete eine Lesung der Autorin Vea Kaiser ab. Sie las aus ihrem Debütroman „Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam“. Dieser einfühlsame und erfrischende Roman thematisiert die Problematik des Lebens in einem kleinen Dorfs in Verbindung mit dem Wissens- und Lebensdurst von Menschen, die dieser Umgebung entfliehen wollen. Die Autorin gab in herzlicher und sehr unmittelbarer Weise Einblick in die Hintergründe des Buches und beantwortete die zahlreichen Fragen aus dem Publikum, bevor sie als Abschluss noch Exemplare ihres Werkes signierte.